Wie die Litauer im 14. Jhd. Oberherren der Ukraine werden und zeigen, wie man mit den Moskali spricht - Teil 2

Im ersten Teil haben wir die Eroberung der Ukraine durch den Litauischen Großfürsten Gediminas erfahren, jetzt geht es darum, diese zu bewahren. Nachdem Gediminas starb, kam ein ebenso tatkräftiger Sohn von ihm an die Macht, Olgerd (Algirdas). Die Russischen Annalen schildern uns den Charakter des würdigen Sohnes von Gediminas, nämlich Olgerd, auf eine kurze aber sehr vorteilhafte Art. „Olgerd, heißt es daselbst, hatte viel Mutterwitz, sprach viele Sprachen, war abgeneigt von allen unnützen Handlungen und Spielen, unermüdet thätig bey seiner Regierung, trank weder Wein, noch Bier, noch Meth. Er erwarb sich ein großes Gebiet, und that es an Ruhm und Würde allen seinen Vorfahren und Nachkommen zuvor.“ – Die Geschichte rechtfertigt dieses Lob Olgerds durch seine Taten vollkommen.

Bevor Olgerd zur Tat schreiten konnte, musste er jedoch erst seinen jüngeren Bruder Jaunutis dazu bringen, ihm den Großfürstenstuhl zu überlassen. Und in der Tat, zusammen mit seinem Bruder Kęstutis erreichte er dieses Vorhaben. Nachdem er im Norden gegen die Preußischen Ritter erfolgreich kämpfte, führte er seine Armee von 40 000 Mann in die Ukraine. Weiter im Wortlaut der Chronik:

Schon war er über Kaniw und Tscherkassy bis an Siniawoda (Fluß Synjucha) vorgerückt, als er das Tatarische Heer unter 3 Feldherren aus ihrer Zarenfamilie (Carzyki), nämlich Kutlubach, Kacibey und Dymeitr in 3 Haufen abgeteilt antraf.

Olgerd stellte seine Truppen in 6 Haufen in einem halben Monde herum und zwar so, dass die Tataren, dieser Schlachtordnung ungewohnt, nirgends durchbrechen konnten. Die Litauer hingegen drängten sich in die tatarischen Glieder, trennten sie und erhielten einen vollkommenen Sieg, wobei ihre drei Anführer auf dem Platze blieben. Die Sieger nahmen eine Menge Tatarischer Ställe und nomadische Transportwagen weg, und verfolgten die Flüchtlinge, wovon ein Teil sich an die Wolga, ein Teil nach der Krim in die Erdzunge, Perekop genannt, wandte: und das ganze Land um Tarhowitz, Bialocerkiew, Swinigrod, und von Putiwl bis zum Ausfluss des Don‘s räumte. 

Und nun kommen wir zu einem Abschnitt, der mir so gut gefällt. Das ist die Sprache, die Moskali verstehen!

Inzwischen hatte Dmitri Donskoi, Großfürst von Moskau, ebenfalls den Mamai Temnik, Kiptschakischen oder Wolgaischen Oberkhan, auf das Haupt geschlagen, und richtete nun auf die ehemals Russischen Fürstentümer Witepsk, Polozk und Kiew seine Wünsche. Durch einen Gesandten lies er dem Olgerd zu Wilna in der einen Hand Feuer und Schwert, in der anderen die Abtretungsakte dieser Länder überreichen. Olgerd hielt diese Gesandtschaft auf und entbot die ganze Litauische Macht auf den Aschermittwoch nach Witepsk. Unter Begünstigung der Kälte, welche die Wege noch gangbar erhielt, ward der Marsch ungesäumt angetreten.

Bei Moschaisk, 18 Meilen vor Moskau ruhte er aus, und schickte dann den Gesandten mit einer brennenden Lunte nach Moskau zurück, mit der Versicherung, ehe diese Lunte ausbrenne, werde er schon bei den Toren von Moskau stehen, um dem Demeter den Weg nach Wilna zu ersparen!

Das litauische Heer marschierte durch das Fürstentum Twer, mit dessen Fürsten Olgerd in gutem Vernehmen stand. So schnell, dass der Gesandte nur wenige Stunden vor demselben in der Hauptstadt eintraf. Dimitri erhielt die Nachricht eben als er die nächtliche Osterandacht in der Kirche feierte: mit anbrechendem Morgen aber lagerten sich auch schon die Litauer auf dem Berg Poklonna. Die Stadt war mit Menschen wegen des Osterfestes überladen, ohne Festungswerke und ohne Waffen. Dimitrej bot demnach die besten Friedensbedingungen an. Olgerd forderte und erhielt den Fluss Ugra einerseits, und andrerseits Moschaisk zur Grenze gegen Moskau. Und die Erlaubnis, zum Gedächtnis dieser Kriegs-Unternehmung eine Litauische Lanze auf das Moskauer Schloss aufzupflanzen.

Der Chronist Stryikowski versichert, diesen Feldzug in den litauischen Annalen einstimmig erzählt gefunden zu haben, obgleich er wisse, dass die Russischen Jahrbücher und andere Schriftsteller davon schweigen.

Schließen wir diesen kleinen Ausflug mit dem schönsten Satz, der dieser Erzählung folgte: »Seit dieser Zeit blieb die Ukraine (auf längere Zeit) vor Tataren und Russen in Ruhe.«

Copyrighthinweis: Das Bild zeigt die Schlacht am blauen Wasser (Fluss Synjucha) von dem ukrainischen Maler Artur Orlonow aus dem Jahre 2012. Zur Datei selbst: By Артур Орльонов (http://www.history-ua.org/gallery/show.php?id=467) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons 


 

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